#3: Selbstfürsorge
Willkommen im Podcast Vatern. Es geht um Vater werden, Partner bleiben, Mann sein und das Thema heute ist Selbstfürsorge. Was für ein Laberthema, denkst du womöglich. Aber ich werde dich mitnehmen und du wirst sehen, es hat überhaupt nichts mit Labern zu tun, sondern ganz konkret mit dir und deiner Familie.
Kürzlich saß ich in einem Flugzeug und auf einer der Sicherheitsbroschüren stand, wie man sich denn bitte schön bei Druckabfall im Flieger verhalten möge, wenn Masken aus der Decke fallen. Und da stand, gib nicht deinem Kind die Maske. Halte dir selbst die Sauerstoffmaske vor das Gesicht.
Und was auf den allerersten Blick sehr selbstsüchtig wirkt, ist tatsächlich die vernünftigste Entscheidung in dieser kritischen Situation. Wenn du das nicht tust, dann wirst du in zehn Sekunden weder deinem Kind noch dir selbst eine Sauerstoffmaske vor das Gesicht halten können. Sondern das ist wirklich notwendig, dass du in so einer kritischen Situation erst auf dich aufpasst, damit du die Kraft behältst, auf dein Kind aufzupassen.
Egoismus vs. Egozentrik
Und dieses Bild wollen wir uns heute ansehen und wollen sehen, was das für uns ganz konkret an Schritten bedeutet. Egoismus erscheint ja ein ganz kleines bisschen in einem schlechten Licht. Es ist ein Attribut, dass keiner von uns gern über sich hört.
Das hängt damit zusammen, dass die Menschen üblicherweise Egoismus und Egozentrik durcheinanderbringen.
Egozentrik im Flugzeug wäre: ah, alle Masken fallen nur für mich von der Decke.
Egoismus hingegen würde bedeuten, welche von den Masken kann ich nehmen, damit ich die übrigen Masken besser verteilen kann auf die anderen. Wie kann ich auf mich achtgeben, damit ich noch Kraft habe, den anderen etwas Gutes zu tun.
Das ist ein ganz wichtiger Switch, eine ganz wichtige Veränderung im Kopf und damit kann dieser Begriff Egoismus einen ganz anderen Rahmen bekommen. Und den wünsche ich dir, denn wir unterhalten uns jetzt über etwas, das kann als egoistisch bezeichnet werden.
Das 5-Finger Feedback
Es gibt in der Jugendarbeit, so haben wir das früher am Ende von Seminaren häufig gemacht, eine Möglichkeit Feedback zu geben, indem du die Finger der Hand der Reihe nach hernimmst. Und dann ist der Daumen, also das was top ist, das, was dir richtig gut gefallen hat. Der Zeigefinger ist das, worauf du aufmerksam machen möchtest. Der Mittelfinger ist das, was dir stinkt. Der Ringfinger ist das, was dir emotional bedeutsam ist. Und der kleine Finger ist das, was zu kurz gekommen ist.
Wenn du das jetzt auf dein Leben außerhalb eines Seminars, sondern auf dein Leben beziehst, dann könnte der Daumen sein, was ist denn top gelaufen in meiner Woche, wo habe ich gut auf mich achtgegeben. Das könnte zum Beispiel sein: ich war jeden Tag 20 Minuten spazieren.
Oder der Zeigefinger, wo möchte ich mir einen Hinweis geben? Das könnte sein, ich möchte mich selbst noch einmal darauf hinweisen, dass ich morgens die ersten eineinhalb Stunden meines Tages nicht auf mein Handy schaue.
Was kann der Mittelfinger sein, was stinkt mir? Was will ich ändern? Möglicherweise habe ich in der letzten Woche nur einmal selber gekocht mit frischem Gemüse vom Markt, hatte mir aber vorgenommen, dass es dreimal passieren soll.
Der Ringfinger, was ist mir emotional wichtig gewesen? Möglicherweise hast du dir zehn Minuten jeden Abend Zeit genommen, mit deiner Partnerin zu sprechen, wie der Tag war. Und genau das war, was emotional für dich wichtig war.
Und was ist zu kurz gekommen? Vielleicht hast du so viel mit deiner Partnerin über die Einrichtung des Kinderzimmers gesprochen, dass ihr überhaupt nicht mehr dazu gekommen seid, abends irgendetwas miteinander zu spielen. Die Frage ist immer, wie gehen wir damit um, was machen wir daraus?
Du kannst es dir, wenn du es jetzt einmal gehört hast, natürlich auswendig merken. Du kannst dir dafür aber auch eine Hand einfach abmalen auf einem Stück Papier und kannst dir in die Finger hineinschreiben. So hast du eine Art Dokumentation deiner Gedanken über die Wochen. Du kannst es in deinem Heft machen, das ich dir empfohlen habe, als eine Journaling-Grundlage. So, dass du auch deinen Fortschritt, deine Entwicklung, deine Veränderung irgendwie nachvollziehen kannst, noch Wochen später.
Wie du die 5-Finger-Methode für deine Selbstfürsorge nutzen kannst
Und dann ist immer die Frage, aus dem, was wir hier reden, was entwickelst du? Und dieses Handeln, das ist es, was aus einem netten Gedanken etwas wirklich Fürsorgendes für dich selbst macht.
Und so kannst du dir ein Date machen mit dir selbst. Und dir einmal überlegen: was lief denn wirklich top in der letzten Woche, worauf möchte ich mich selbst hinweisen, was stank mir, was war mir emotional richtig bedeutsam und was ist zu kurz gekommen.
Und mit dieser Minireflektionsrunde für dich selbst kannst du in genau dieses Gespräch (das ich in der ersten Folge empfohlen hatte) mit deiner Partnerin gehen, um über das zu sprechen, was dich bewegt. Über deine Bedürfnisse Klarheit zu bekommen und die nächste Woche danach auszurichten.
Und dann wirst du feststellen, dass sich das gar nicht so schlecht anfühlt, wie Egoismus sich normalerweise anfühlt als Wort. Sondern dass dieses sich um sich selbst kümmern, dass du dich um dich selbst kümmerst, zu einer ganz wichtigen Grundlage dafür werden kann, dass du deine Energie bei dir hältst. Dass du dich erholen kannst von deinen Wochen, von deinen Anstrengungen. Dass du deine Energie bündeln kannst in die Familie, die da gerade um dich herum wächst. Und das alles, weil du gut auf dich achtgibst.
Wie du herausfindest, was du wirklich brauchst
Weil du als erstes schaust, dass es dir gut geht, um dann Energie zu haben für dein Umfeld. Und darauf achten, dass es dir gut geht, heißt nicht, dass du abends erst einmal den Fernseher anmachst und eine Dose Bier aufmachst.
Denn wenn du ganz tief hineinschaust, auch wenn du das vielleicht schon als Verhalten hast, dann merkst du, dass dich das im Großen und Ganzen nicht wirklich befriedigt. Dass dich das erschöpft und dein Hirn leerlaufen lässt. Und dass es auch, wenn du es dir häufig genug sagst, nicht mehr Wahrheitsgehalt bekommt. Denn es wird nicht so sein, dass du nach einem anstrengenden Tag durch einen Fernsehabend ein erfrischtes Hirn bekommst.
Das ist nicht, was ich meine mit zuerst auf das achten, was du brauchst. Sondern das kann sein, dass du das in ein paar Versuchen jetzt erst einmal herausfinden darfst über die nächsten Wochen und Monate, was denn deine Bedürfnisse sind.
Was das mit deinem Kind zu tun hat
Was das ist, was gut lief und was das ist, wo du neue Sachen ausprobieren darfst. Und weil du in einer Situation bist, wo es nicht mehr nur um deine Bedürfnisse geht, sondern in Kürze oder vielleicht gerade eben schon ein Kind da ist, das seine Bedürfnisse noch gar nicht so gut artikulieren kann, dich aber in die Verantwortung bringt, über seine Bedürfnisse nachzudenken.
Deswegen ist es so bedeutsam, ein Gefühl und ein Gespür für Bedürfnisse zu bekommen und klare Strategien entwickeln zu können, wie Bedürfnisse befriedigt werden. Und so gut, wie du mit dir da umgehst, so gut kannst du mit deinen Kindern umgehen. Und so sensibel, wie du in dich hinein spürst, so sensibel lernst du, in deine Kinder hineinzuspüren. Dabei wünsche ich dir ganz viel Spaß.
Und dann wird es so, dass deine Kinder dir die Möglichkeit geben, dich kennenzulernen, weil du jetzt gerade nicht einfach mit den Mechanismen, mit den Traditionen, mit den Gewohnheiten, die du so in dein Leben hinein etabliert hast eine Antwort findest, sondern jetzt ein sensibles hineinhorchen lernen darfst. Und davon profitierst du und davon profitiert deine Partnerin und davon profitieren deine Kinder. Und dafür machen wir das alles hier. Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren!
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