#2: Was ist Vatern?

18. Feb 2022 | Allgemein | 0 Kommentare

Du wirst gerade oder bist schon Vater und es fühlt sich nicht so leicht an, wie gedacht? Und du suchst einen Ort, an dem du auf genau deinem Weg ins Vatersein begleitet wirst?

Darf ich mich vorstellen?

Mein Name ist Dr. Christoph Mauer und ich beschäftige mich seit der Geburt meines ersten Kindes intensiv mit meiner Rolle als Vater. Das ist jetzt auf den Tag 18 Jahre her. Ich danke dir fürs Zuhören, ich danke dir für deine Zeit und ich danke dir für deine Bereitschaft zur Weiterentwicklung. Denn darum geht es mir in diesem Podcast.

Kinder lösen in uns Gefühle und Bedürfnisse aus. Und es gibt strukturierte Schritte, um damit umzugehen. Es gibt Wege, diese Bedürfnisse für alle Beteiligten gut und mit einem liebevollen Herzen zu befriedigen. Es gibt einen Raum, in dem du dein bestes Vater-Ich noch einmal verbessern kannst und es gibt eine Leichtigkeit, mit der all das ganz fließend zusammenkommt.

In meiner hypnotherapeutischen Praxis spreche ich täglich mit Menschen, die Kinder haben und mit Menschen, die Eltern haben. All meine therapeutische Erfahrung und die Erfahrung mit vier Kindern teile ich in diesem Podcast mit dir. Wir werden gemeinsam die Themen beleuchten, die mir damals zu unklar waren. Wir werden gemeinsam Antworten suchen auf die Fragen, die ich mich damals nicht getraut hatte, mir selbst zu stellen. Wir werden gemeinsam lernen – mit dem Kopf, dem Herzen, dem Bauch, wie wir der Vater für unsere Kinder werden, den wir ihnen wünschen für ihre beste Entwicklung. Das alles ist Vatern und das ist auch der Grund, warum ich diese Themen bearbeite.

Was ist denn nun Vatern?

Wenn du es erlaubst, kläre ich zunächst: was ist denn nun Vatern? Mein erstes Kind hatte ich mit 23 und genau diese Woche wird es 18. Ich war damals in einer Situation, in der ich nicht damit gerechnet hatte und das erste, was ich erlebte, waren Rollenkonflikte in jede Richtung. Ich werde nachher darauf eingehen, was das bedeuten kann.

Das Zweite, womit ich mich auseinandersetzen musste, war: was ist denn überhaupt eine Vaterrolle? Wie ist denn Vorbild sein? Ich war damals im Studium, ich war mit der Mutter nicht in einer Partnerschaft, ich hatte so viele Fragen und ich hatte völlig instabile Antworten. Ich wusste überhaupt nicht, in welche Richtung ich das denken oder fühlen soll. Inzwischen habe ich vier Kindern und mit den beiden jüngsten und ihrer Mutter lebe ich zusammen. Und Surprise, es kommen neue Rollenkonflikte. Ich habe mich deshalb über die Jahre mit diesen Rollenkonflikten auseinandersetzen dürfen.

Und wenn wir einmal gerade zurückgehen, woher kommt denn überhaupt das Wort „Konflikt“? Denn mit dem Verständnis des Ursprungs des Wortes gibt es vielleicht ein bisschen Einsicht, was wir aus dem damit beschriebenen Konzept machen können. Es kommt von „conflictus“ – zusammenprallen. Ja, und so lernen wir doch.

Genau dann, wenn wir mit Themen auseinandergesetzt werden, die neu für uns sind, die unser altes Weltbild durcheinanderschütteln, das sind die Momente, in denen wir lernen. Ich habe also gelernt, meine Rollenkonflikte zu umarmen. Und dabei hilft, zu analysieren, welche Arten von Rollenkonflikten es gibt.

Die Arten von Rollenkonflikten

Und zuerst sind es die Intra-Rollenkonflikte. Das bedeutet, dass innerhalb von einer Rolle verschiedene Erwartungen an dich gestellt werden. Es kann zum Beispiel sein, dass du als Vater gern mit deinen Kindern herumtoben möchtest, aber gleichzeitig möchtest du, dass sie eine Uhrzeit lernen, zu der es sinnvoll ist, zu Bett zu gehen (weil du weißt, dass es ganz gut ist, Rituale zu haben und feste Rhythmen).

Du kannst Inter-Rollenkonflikte erleben: du möchtest als Vater zum Beispiel Stunden daheim verbringen und gleichzeitig aber als Arbeitnehmer zum Beispiel Stunden in der Firma verbringen, um dich weiterzubilden oder weil dein Chef das von dir verlangt.

Wir werden beide Konfliktsituationen noch ausführlich in den nächsten Monaten in diesem Podcast bearbeiten. Beiden gemeinsam ist aber, dass es Erwartungen gibt, Erwartungen an dich, jeweils von irgendjemandem, der dich in einer bestimmten Rolle erlebt. Und das ist erst einmal weder gut noch schlecht, das ist einfach so wie es ist.

Was hilft bei Rollenkonflikten?

Was kann dir aber helfen? Denn, was ich gerade schon als Beispiel sagte, das sind Situationen, wo du möglicherweise erst einmal nicht weißt, wie du dich richtig verhältst. Was ist richtig und was ist falsch? Das sind alles Sachen, die kannst du noch nicht wissen in dem Moment, in dem du in den Konflikt kommst – denn dafür ist der Konflikt da, um genau diese Klärung zu bekommen. Und über die Jahre ist der sinnvollste Weg für mich so eine Art Dreiklang im Umgang mit diesen Erwartungen:

Erstens: sei sichtbar!

Das heißt, ich muss da sein, ich muss präsent sein und darf mich nicht hinter irgendetwas, einer Pseudotätigkeit oder einer Pseudohierarchie, verstecken.

Zweitens: sei spürbar!

Das heißt, meine Kinder, meine Partnerin oder alle anderen, die Erwartungen an mich haben, müssen auch das Gefühl haben, das sie jetzt mit ihren Bedürfnissen wirklich zu mir kommen dürfen.

Und Drittens: sei sprechend.

Denn eine Erwartung, die ausgesprochen wird, ist keine Erwartung mehr, das ist eine Ansage und mit einer Ansage kann jeder umgehen. Eine Erwartung kann niemand erahnen. Wir haben manchmal so die Vorstellung, wenn uns jemand nur richtig gut verstünde, wenn uns jemand nur richtig gut liebte, dann würde er doch spüren können, was ich brauche. Nun, das ist nicht so. Weder kannst du die Gedanken und Bedürfnisse von anderen Menschen erahnen noch kann das irgendjemand bei dir. Was wir aber machen können ist, liebevoll einen Raum schaffen, in dem wir uns genau darüber austauschen.

Umgang mit Rollenkonflikten

Und das ist auch was du mit diesem Podcast anfangen kannst. Wir werden uns hier immer wieder darüber unterhalten: wie funktioniert denn Austausch? Und zwar Austausch mit dir selbst, Austausch mit deiner Partnerin, Austausch mit deinen Kindern und was wirst du daraus ziehen, was kannst du daraus entwickeln. Darum jetzt drei kleine Punkte, die dir vielleicht selbstverständlich erscheinen, vielleicht aber auch einfach nur einmal so gesagt werden dürfen als erste Schritte im Umgang mit diesen Rollenkonflikten.

Aufschreiben

Das Erste, was ich dir empfehle, ist aufschreiben.

Und das kannst du in der Form machen, wie du willst, das kann ein Schmierzettel sein, das kann ein edles Buch sein, das du als Journal verwendest, das kann ein Notizheft sein. Ich empfehle dir, deine Handschrift zu nehmen, denn es gibt eine große Menge Daten, die sagt, dass wir besser denken, wenn wir mit der Hand schreiben, als wenn wir tippen oder eine Wischtastatur verwenden. Und ich denke, dass das eine gute Idee ist, in solchen Momenten, wo wir möglicherweise die Sprache noch nicht ganz entwickelt haben, die Vokabeln unserer Emotionen vielleicht noch nicht so gut kennen, dass sie uns direkt aus den Händen fließen, dass es dann eine gute Idee ist, etwas zu unterstützen.

Und die Handschrift unterstützt den Gedankenfluss. Das heißt, schreibe dir auf, was an Gedanken aus dem Podcast hängen bleibt bei dir, schreibe dir auf, was für Impulse dir selbst kommen durch all das, was du in den nächsten Monaten durchhören wirst, durchfühlen wirst und sei ohne scheu eine Zeile zu schreiben, die vielleicht in ein paar Monaten vielleicht nicht mehr große Bedeutung hat. Und genieße, dass es jetzt eine Zeile ist, die genau das formuliert, was für dich gerade von Bedeutung ist.

Ins Gespräch kommen

Der zweite Punkt, und er baut gewissermaßen darauf auf, ist: komme ins Gespräch mit deiner Partnerin.

Das klingt so selbstverständlich, natürlich unterhältst du dich oft mit ihr, den ganzen Tag mit ihr vielleicht, viele Minuten des Tages, aber ich meine jetzt nicht, dass ihr euch darüber unterhaltet, was es denn am Abend zu essen gibt. Oder was der oder die aus dem Büro schon wieder Komisches gemacht hat. Oder wann denn bitte schön das Auto zum TÜV gehört.

Sondern ich lade dich ein, mit ihr über genau diese Sachen zu sprechen, die auf einmal in dir aufploppen, wenn du dich auseinandersetzt mit dem was du fühlst. Denn wenn ihr das ganz in Ruhe macht, dann hast du die Möglichkeit mit ihr zu üben, über Gefühle zu sprechen, solange du dabei noch Ruhe hast. Und vielleicht denkst du jetzt, was soll ich denn mit ihr über Gefühle sprechen. Ich habe ihr schon einmal gesagt, dass ich sie liebe, ich habe sie vielleicht sogar geheiratet. Das ist gar nicht, was ich meine.

Wir kommen in der nächsten Folge darauf, was denn für Gefühle aufploppen können. Und wie notwendig es ist, sich ihrer bewusst zu werden. Und Vokabeln dafür zu finden, um sie ausdrücken zu können. Meine Erfahrung ist, dass es sinnvoll ist, ein Gesprächsritual dazu zu finden. Für uns ist es der Abend und für uns ist es speziell noch einmal der Sonntagabend, an dem wir dann nicht nur den Tag und die letzte Woche besprechen, sondern auch uns ausrichten auf die nächste Woche. Sehen, was auf uns zukommt, wo jeder Zeit für sich braucht, wo wir Zeit gemeinsam verbringen wollen, welche Aufgaben uns bevorstehen. Und letztlich sind diese Ritualmomente die Zeiten, in denen du reflektieren darfst, in denen du, und das ist auch hier die Bedeutung des Wortes reflektieren, über den Widerschein im Gegenüber dich selbst erkennen darfst.

Einen geschützten Raum schaffen

Und da darfst du deine Partnerin bitten, ein Spiegel zu sein für dich. Du darfst, und das ist der Charme an einem Ritual. Ihr habt einen Raum, der ganz geschützt ist, in diesem Raum darfst du fragen: Wie ist das für dich? Mir geht es so und so. Was macht das mit dir? Du hast dieses und jenes gesagt, da passiert in mir das. Und du nimmst durch einen solchen Ritualraum, einen ganz gemeinsamen Raum für euch, die Hitze aus dem Thema.

Und ihr beide wisst dann: jetzt geht es darum, dass wir uns miteinander weiterentwickeln, dass wir miteinander Fragen hin und her spielen und uns verstehen lernen. Und dieses Reflektieren, das ist das, was mir damals geholfen hätte. Aus diesen vielen Fragen und instabilen Antworten irgendetwas zu machen, was diese Unsicherheit weggenommen hätte.

Inzwischen weiß ich, das Instabile war Ausdruck davon, dass das einzige stabile der Wandel ist. Dass es ein Fluss ist, das Vatern. Dass Vater sein ein fließender Zustand des Handelns ist und dass der an jedem Tag anders ist, mit jedem Kind anders. Und möglicherweise auch mit jeder Partnerin anders. Heraklit sagt dazu, man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.

Vatern im Fluss

Was er meint ist: sowohl du hast dich verändert als auch der Fluss hat sich verändert. Und das wünsche ich dir für deine Wochen. Du wirst nicht zweimal in die gleiche Woche steigen. Du wirst dich von Woche zu Woche verändern, so wie die Woche sich verändert, so wie die Ansprüche an dich sich verändern, so wie die Erwartungen von anderen Menschen sich an dich verändern.

Und von Woche zu Woche wirst du klarer sehen, was deine Bedürfnisse dabei sind, wie du sie ausdrückst, wie du sie anderen Menschen so verständlich machst, dass sie damit umgehen können und wie du möglicherweise aus Erwartungen Ansagen machst, mit denen du auch besser umgehen kannst. Wenn wir diesen Satz vom in den Fluss hineinsteigen in das Vatersein übersetzen wollen, dann wäre ein Versuch „Vatersein ändert dich und du änderst dein Vatersein.“.

Und wie du siehst, geht das fast von allein. Wenn ich also zusammenfassen darf, dann ist das Erste: deine Rollenkonflikte darfst du umarmen, denn sie werden dich entwickeln. Das Zweite ist: sei spürbar in deiner Beziehung, in deiner Familie.

Und das Dritte ist: komme mit der Mutter deiner Kinder, deines Kindes in ein Gespräch, das ihr in einen Raum stellt, in dem ihr nicht sofort emotional reagiert, auch wenn ihr über Emotionen sprecht.

Das wünsche ich dir.